"Die Kirchen des christlichen Ostens" Buch von J. Oeldeman
Wien [ENA] Die Unterstützung, ja Segnung des Moskauer Patriarchen Kyrill I. für Russlands verheerenden Angriffskrieg auf die Ukraine, sorgte weltweit für Empörung und 400 Priester forderten ein internationales Kirchentribunal. Zwar gehören rund 60 Prozent der Ukrainer der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats an, aber schon 2018 spalteten sie sich in eine eigenständige Orthodoxe Kirche der Ukraine.
Dieser Konflikt hat das Interesse wieder auf die orthodoxen Kirchen gelenkt. Das äußerst umfassende Buch von Johannes Oeldemann "Die Kirchen des christlichen Ostens. Orthodoxe, orientalische und mit Rom unierte Ostkirchen" beschreibt sehr detailreich ihre Vielfalt und Entstehungsgeschichte. Denn die Spaltung dieser Kirchen reicht bereits in das 4./5. Jahrhundert zurück, als die späteren Orientalisch-Orthodoxen Kirchen der Armenier, Syrer, Kopten oder Äthiopier nach dem Konzil von Chalcedon an der starken Betonung der göttlichen Natur Jesu Christi festhielten. Dies unterscheidet sie auch später von der Orthodoxen Kirche des byzantinischen Ritus von Griechenland, Russland, Rumänien, Bulgarien oder Serbien.
Eine Gliederung der Kirchen nach Ritusfamilien bezeichnet dabei nach ostkirchlichen Verständnis die entscheidende Bedeutung wie ein Gottesdienst gefeiert werden muss und ist damit ein Oberbegriff für alle Lebensbezüge der Kirche. Für die ostkirchliche Theologie ist die Kirche in erster Linie ein Mysterium, dessen Wesen sich letztlich der Beschreibung mit den Mitteln des menschlichen Verstandes entzieht. Aber es kam erst zu einem notwendigen intensiveren Nachdenken über das eigene Verständnis von Kirche im 20. Jahrhundert, als sich die Orthodoxen Kirchen im Rahmen der weltweiten ökumenischen Bewegungen vor die Aufgabe gestellt sahen, ihren westlichen und internationalen Gesprächspartnern die orthodoxe Ekklesiologie zu erläutern.