
Aufstieg der Israeliten vom Sklaventum zum eigenen Staat
Tel Aviv [ENA] Demnächst steht im jüdischen Festkalender das Pessachfest vor der Tür. Die legendenumwobenen Narrative, die in der Thora – dem Alten Testament mit den fünf Büchern Moses – detailreich das Leiden der in Ägypten versklavten Israeliten und in einem phantastisch gewobenen Spannungsgsbogen deren Befreiung aus dem Elend beschreiben, sind quasi die geistigen Geburtshelfer für das jüdische Heimatland Israel.
Der moderne jüdische Nationalstaat entstand 1948 buchstäblich aus der Asche der verheerenden Vorgeschichte der Juden, die zeitlebens unterdrückt und verfolgt wurden. Die Knechtschaft unter dem grausamen Regime der Pharaonen, der die Israeliten über Jahrhunderte in Ägypten und in der Diaspora in Form permanenter Benachteiligung über Jahrtausende hinweg ausgeliefert waren, formt ihren Charakter bis heute.
Die ungewöhnliche Geschichte des biblischen Auszugs aus Ägypten, der sich dieser Tage bald zum 3’350. Mal jährt, die 40-jährige Wüstenwanderung, die Thora-Übergabe am Berg Sinai, die Abirrungen mit dem Goldenen Kalb, die Errichtung des Stiftszeltes als Vorläufer des permanenten Tempels zu Jerusalem, das Zaudern, ins Gelobte Land einzumarschieren, um es nach der Eroberung zur nationalen Heimstätte für die 12 Stämme umzuformen – all dies und noch mehr bezeugt einen nie abebbenden Prozess der Ablösung von alten Verhaltensmustern, die sich u.a. in der Demutshaltung streng herumgejagter Arbeitstiere widerspiegelten.
Die mit erschütternden Zeichen – den zehn Plagen – und etlichen Wundern – dem vom Himmel fallenden Manna, der göttlichen Wolke, die den Weg durch die Wüste wies, der Spaltung des Meers – untermalte Kraftanstrengung, von der ägyptischen Sklaverei in die Freiheit zu (ent)kommen, war begleitet von ewigen Versuchungen. Der mürrische Drang, zurück zu den „Fleischtöpfen“ Ägyptens zurückzukehren, kommt einer Blockade gleich, sich den Anforderungen der Gegenwart zu stellen. Früher, im unbeliebten, jedoch von Zucht und Ordnung durchstrukturierten Unterdrückungsregime, wusste man mindestens, woran man war. In der Weite der Wüste konnte man sich an nichts festhalten, war den Launen der Natur ausgesetzt, verlor jegliche Orientierung.
Wenn nun im jüdischen Nationalstaat Israel, der erst knapp 77 Jahre alt ist, das Ringen um die innere und äussere Freiheit nach wie vor an der Tagesordnung ist, wird man gewahr, dass man wohl relativ schnell aus einem physischen Gefängnis auszubrechen in der Lage ist, wenn die Stunde ruft, jedoch der innere kollektive und individuelle Weg zur Befreiung aus der Dunkelkammer der Beengtheit höchst langwierig ist.